Rettungswestenpflicht in Deutschland auf Sportbooten

Rettungswestenpflicht in Deutschland auf Sportbooten - Rettungswesten im geschützten Cockpit auch bei moderatem Seegang

Rettungswesten im geschützten Cockpit auch bei moderatem Seegang

Seit dem 1. Mai 2015 gilt in Norwegen die Rettungswestenpflicht für alle Personen an Bord von Booten die nicht länger als 8 Meter sind.

Kommt die Tragepflicht  von Rettungswesten für Sportboote jetzt auch in Deutschland?

Anlass für diese Frage ist der am 26.04.2017 von der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung veröffentliche Untersuchungsbericht 402/15.

Auf der Charteryacht Desdemona kam es am 21.09.2015 zu einem tödlichen Unfall. Bei der Ansteuerung von Warnemünde tragen die vier Männer an Bord der Yacht keine Rettungswesten. Beim Segelbergen fällt eines der Crewmitglieder bei moderaten Wetterbedingungen über Bord und ertrinkt.

Laut Untersuchungsbericht hätte der tödliche Unfall mit hoher Wahrscheinlichkeit durch das Tragen einer Rettungsweste vermieden werden können.

Aus diesem Grund fordert die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung vom Bundesverkehrsministerium die Prüfung einer Ausrüstungs- und Tragepflicht für Rettungswesten auf allen gewerblich und privat genutzten Sportbooten.

Segler und Motorboot Fahrer dürfen gleichermaßen gespannt auf das Ergebnis dieser Prüfung sein.

Automatikweste von Secumar

Automatikweste von Secumar

Unabhängig jeglicher gesetzlichen Regelung ist es offensichtlich, dass Rettungswesten bei allen Wetterbedingungen Leben retten können.

Jeder Schiffsführer sollte im Sinne von „Safety First“ an das Tragen von Rettungswesten an Bord seines Schiffes appellieren und selber mit gutem Beispiel voran gehen.

Automatikwesten

Die meisten Automatikwesten verfügen heute über einen hohen Tragekomfort und beeinträchtigen den Träger nicht in seiner Beweglichkeit. Das aktuelle Angebot an Schwimmwesten sollte es jedem ermöglichen eine angenehm zu tragenden Weste zu finden.

An Bord unserer Motoryacht Betti achten wir darauf, dass alle Crewmitglieder sowie der Schiffsführer bei der Motorbootausbildung und dem Radartraining Rettungswesten tragen.

In der Crewliste lassen wir uns dies auch von allen durch eine Unterschrift bestätigen.

Um es unseren Gästen so komfortabel wie möglich zu machen, haben wir bei der Anschaffung auf bequem zu tragenden Automatikwesten mit Schrittgurt geachtet.

Anna mit Feststoffweste

Anna mit Feststoffweste

Strecktaue und Lifelines

Neben der Rettungsweste sind Strecktaue und Lifelines auf Segelyachten auf See dringend für die Decksarbeit zu empfehlen. Bei Seegang und Vorschiffsmanövern können sich die Crewmitglieder einfach sichern und sind so bei Stürzen vor dem Überbordfallen gesichert.

Bei jeglicher Art von Sportbootausbildung sollte das Tragen von Rettungswesten auf jeden Fall selbstverständlich sein. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen ist die Rettungswestenpflicht unabdingbar.

Auswahl der Rettungsweste

Die Auswahl der Rettungsweste hängt primär von dem Einsatzzweck, der Körpergröße und dem Gewicht ab.

Eine Rettungsweste sollte sich einfach und bequem anlegen lassen. Wichtig ist der Tragekomfort auch über Stunden hinweg.

Feststoffwesten kommen immer dann zum Einsatz wenn die Wahrscheinlichkeit des „Ins Wasserfallens“ sehr hoch ist, z.B. auf Schwertjollen, Optimisten und Kajaks. Hier wird unterschieden zwischen Schwimmhilfen und Ohnmachtssicheren Rettungswesten. Der Regattasegler wird in der Regel primär auf die Beweglichkeit achten. Bei der Kinder- und Jugendausbildung wird hingegen eine ohnmachtssichere Weste bevorzugt.

Bei Feststoffwesten gibt der Hersteller die Gewichtsklasse an.

Auf motorisierten Sportbooten und Segelyachten steht der Tragekomfort und die einfache Handhabung in der Regel im Vordergrund. Dann ist die erste Wahl eine Automatikweste mit einem Auftrieb zwischen 150 Nm und 275 Nm.

Insbesondere beim Segeln in kühlen Regionen wird unter der Schwerwetterbekleidung mehrere Schichten Kleidung (Fleece, Thermounterwäsche) getragen. Moderne Funktionsbekleidung speichert sehr viel Luft und kann so das Drehen in die Ohnmachtssichere Lage verzögern. Aus diesem Grund fällt dann häufig die Wahl auf Automatik Rettungswesten mit entsprechend hohem Auftrieb (275 Nm).

Die Beratung im Fachhandel sollte bei der Auswahl der Rettungsweste auf jeden Fall in Anspruch genommen werden. Ein Probetragen ist auf jeden Fall notwendig.

Eine bequeme Rettungsweste wird auch regelmäßig angelegt!

Das richtige Anlegen einer Rettungsweste

Die Rettungsweste ist immer auf die Körpergröße und die Kleidung des Trägers einzustellen. Die Weste muss eng am Körper anliegen. Im Idealfall lässt sich zwischen Rettungsweste und Körper gerade eine Handschieben.

Sitzt die Weste zu lose wird beim Auslösen im Wasser die Weste hochrutschen und ihren Zweck nicht oder nur unvollständig erfüllen. Die Gefahr besteht, dass Mund und Nase trotz Weste unter Wasser kommen.

Ideal sind Rettungswesten mit Schrittgurt. Der Schrittgurt verhindert ein hochrutschten der Weste wirkungsvoll. Gleichwohl sollte die Rettungsweste so  wie möglich eingestellt werden.

Wartung von Rettungswesten

Insbesondere Automatikwesten müssen alle 2 Jahre zur Wartung in den Fachhandel. Die Wartung wird von den dafür autorisierten Fachbetrieben nach Vorgabe des Herstellers durchgeführt. Notwendige Kleinteile werden getauscht und die Dichtigkeit der Weste geprüft.

LENZ Rega Port ist ein autorisierter Wartungsbetrieb mit langjähriger Erfahrung und führt die Wartung von Rettungswesten in NRW durch.

Nichtschwimmer

Die Anzahl der Nichtschwimmer ist auch bei den Wassersportlern recht hoch. Bei Nichtschwimmern sollte das Tragen einer Rettungsweste selbstverständlich sein. Das dem jedoch nicht so ist, durfte ich erst kürzlich bei einer Ausbildungsfahrt auf einer Yacht auf dem Rhein hautnah erleben. Dem Kind wurde eine gut sitzende Feststoffweste verpasst. Eigner und Eignerin trugen keine der an Bord befindlichen Automatikwesten. Im Laufe der Ausbildungsfahrt stellte sich heraus, dass der Eigner nicht schwimmen kann.

Selbst für geübte Schwimmer kann es auf dem Rhein aufgrund der starken Strömung und der Berufsschifffahrt schnell gefährlich werden.

Fazit

Offensichtlich geht es in den meisten Fällen gut. Insofern  ist eine Rettungswestenpflicht in Deutschland auf Sportbooten politisch vermutlich kaum durchzusetzen. Sicherheitsbewusste Sportbootfahrer können lediglich versuchen ihr Wissen und ihre Erfahrung weiterzugeben und mit gutem Beispiel für die Nutzung der Sicherheitsausrüstung zu werben.

Ich wünsche allen stets eine gute Fahrt und viel Freude beim Sportbootfahren und Segeln

Wolf, office@rheintrainer.de, +49 176-47666540

Über den Autor

Wolf Ortlinghaus

Wolf Ortlinghaus

Wolf Ortlinghaus ist seit mehreren Jahrzehnten auf Segel- und Motoryachten weltweit unterwegs. Freizeittörn, Überführungstörn, Skippertraining, Ausbildungstörn sowie die Motorboot Ausbildung wie auch das Radar Training auf dem Rhein bei Düsseldorf gehören bei ihm seit Jahren zum regelmäßigen Spektrum im praktischen Umgang mit Sportbooten. Gerne gibt er sein Wissen im Rahmen von Schulung, Beratung, Email, Telefon, einem persönlichen Gespräch und Blogs weiter.

  • Veröffentlicht in: News

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