Erwerb des Radarpatent für die Binnenschifffahrt

Erwerb des Radarpatent für die Binnenschifffahrt

In der Binnenschifffahrt ist das Radarpatent Voraussetzung um ein Schiff bei verminderter Sicht (unsichtiges Wetter) zu führen. Darüber hinaus muss das Fahrzeug über ein zugelassenes Flussradar, einen für die Binnenschifffahrt zugelassenen Wendeanzeiger und ein zugelassenes Funkgerät verfügen.

Macht unter solchen Voraussetzungen der Erwerb eines Radarpatents für Sportbootfahrer überhaupt Sinn? Wie hoch ist der zeitliche und finanzielle Aufwand?

Diese und weitere Fragen möchte ich in diesem Beitrag beantworten.

Seit 1994 nutze ich Radaranlagen auf Segel- und Motoryachten. Seit 2015 bilde ich auf unserer Motoryacht Segler und Sportbootfahrer im Umgang mit einem Schiffsradar aus.

Mich hat deshalb interessiert zu verstehen welche Ausbildung Binnenschiffer erfahren und welche Anforderungen an die Prüflinge gestellt werden.

Die Wahl der Ausbildungsstätte war für mich recht einfach. Aufgrund der räumlichen Nähe und des überzeugenden Angebots habe ich die Atlas Schiffahrt GmbH in Duisburg gewählt.

Die Prüfungsvoraussetzungen erfüllen die meisten Sportbootfahrer. Es wird der Sportbootführerschein Binnen sowie das UKW-Sprechfunkzeugnis für den Binnenschifffahrtsfunk (UBI) benötigt.

Erwerb des Radarpatent für die Binnenschifffahrt - MS Ruhr
MS Ruhr im Stadthafen Duisburg Homberg

Die Ausbildung und Prüfung erfolgt auf der MS Ruhr der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Die Ausbildung erstreckt sich über 2 Tage, die Prüfung erfordert einen weiteren Tag.

Mein Kurs findet am 16.01 und 16.02.2017 statt. Kursteilnehmer, Ausbilder Helmut Lemme und Schiffsführer Rico treffen sich auf der MS Ruhr im Stadthafen Duisburg Homberg. Die Geschäftsführerin Ricarda Dreger ist ebenfalls anwesend, spricht einleitende Worte zum Ablauf der Schulung und versorgt uns 6 Teilnehmer mit Nervennahrung.

Erwerb des Radarpatent für die Binnenschifffahrt - Ausfahrt aus dem Stadthafen Homberg - Schleppverband in Bergfahrt
Ausfahrt aus dem Stadthafen Homberg – Schleppverband in Bergfahrt

Helmut Lemme erläutert uns den Streckenabschnitt für die nächsten 2 Tage.  Wir beginnen unsere Fahrt bei Rheinkilometer 781,4 an der Buhne unterhalb des Rheinpreußen Hafen.

Homberger Brücke
Homberger Brücke

Die Fahrt führt uns zu Berg vorbei am Stadthafen Duisburg Homberg unter der Homberger Brücke hindurch. Auf unserer Steuerbordseite liegt bei Rheinkilometer 780,5 die Aral Bunkerstation. Spätestens hier gilt es sich einen Überblick für den anstehenden Übergang in die Ruhr zu verschaffen.

Bunkerstation
Bunkerstation
Kunstwerk Rhein Orange Ruhrmündung
Kunstwerk Rhein Orange Ruhrmündung linke Seite
Dalben rechte Seite der Ruhr
Dalben rechte Seite der Ruhr

Nach der Einfahrt in die Ruhr wird das Anlegen an zwei Dalben simuliert. Ziel ist es die MS Ruhr parallel zu den Dalben mit einem Abstand von 15 Metern zu positionieren. Anschließend wird „abgelegt“ und über Steuerbord gewendet. Nach verlassen der Ruhr geht es vorbei am Hafenkanal und Hafenmund erneut unter der Homberger Brücke hindurch. Bei Rheinkilometer 781,1 wird der Eisenbahnhafen passiert.

Auch hier gilt es sich erneut einen Überblick zu verschaffen und sofern frei über Backbord zum linken Rheinufer zu wenden. Ziel ist es wieder die Ausgangsposition unterhalb des Rheinpreußen Hafen in einem Abstand von ca. 70 Meter zur Buhne anzulaufen.

„Unser Streckenabschnitt“ ist recht überschaubar. Knapp 1,5 Kilometer auf dem Rhein sowie 500 Meter auf der Ruhr macht für Hin- und Rückweg zusammen gerade einmal 4 Kilometer. Aufgrund des teilweise dichten Verkehrs auf dem Rhein sowie der vielfältigen Möglichkeiten von Ein- und Auslaufenden Schiffen aus Ruhr, Hafenkanal, Hafenmund und Eisenbahnhafen sowie An- und Ablegenden Schiffen an der Aralbunkerstation haben es diese 4 Kilometer Flußfahrt in sich.

Bei der ersten Kennenlernenrunde wird die MS Ruhr noch von dem Schiffsführer Rico gesteuert. Anschließend übergibt unser Ausbilder Helmut Lemme das Ruder an einen Schüler und ein zweiter Schüler bekommt die Verantwortung für das Radar und die damit verbundene Schiffsführung.

Ruhrmündung Richtung Homberger Brücke
Ruhrmündung Richtung Homberger Brücke

Der Radarfahrer hat laut und deutlich dem Rudergänger Wendewinkel, Ruderlage und Geschwindigkeit anzusagen. Ferner sind alle Vorkommnisse wie Begegnungen sowie markante Orte die passiert werden mitzuteilen. Gleichzeitig muss der Radarfahrer sein Gerät kontinuierlich entsprechend den Anforderungen bedienen. Reihum nimmt jeder von uns die Rollen Radarfahrer und Steuermann war. Noch fahren wir mit Sicht nach draußen. Wer möchte kann sich somit immer noch mal mit einem Blick aus dem Steuerhaus orientieren.

Beim zweiten Durchgang wird uns die Sicht nach draußen durch einen Vorhang verwehrt. Der Radarfahrer sieht nur noch seinen Radarschirm und der Steuermann seine Instrumente wie Wendegeschwindigkeitsanzeiger, Ruderlageanzeiger, Logge und Echolot. Jetzt wird es richtig spannend. Ab und zu muss unser Ausbilder korrigierend eingreifen. So etwas darf bei der Prüfung natürlich nicht passieren!

Am späten Nachmittag geht es in den Schulungsraum von Atlas Schiffahrt zur Theorieausbildung. Intensiv beschäftigen wir uns mit dem Aufbau und der Funktionsweise von Radaranlagen, Fehlechos, Auflösung, Nahauflösung, Entfernungsauflösung und Winkelauflösung.

Nicht zu vergessen natürlich auch Themen wie Gesetzliche Vorgaben, Ausrüstungsrichtlinien, Seegangs- und Regenentrübung sowie grundsätzliche Bedienung von Radaranlagen auf Schiffen.

Am 08.02.2017 findet meine Prüfung statt. Meine Prüfungsfahrt verläuft weitestgehend unspektakulär. Lediglich ein Echo kann ich nicht wirklich einordnen. Vermutlich ein Fehlecho. Da dieses Echo jedoch nicht auf unserem Kurs liegt und sich auch nicht nähert besteht kein Anlass dieses weiter zu berücksichtigen.
Der praktische Prüfungsteil ist schon einmal bestanden.

In der mündlichen Theorieprüfung bestätigt mir der Prüfer, dass es sich um ein Fehlecho gehandelt hat. Mit meiner Prüfungsfahrt ist er sehr zufrieden. Er hat sich bis auf das Fehlecho nichts notiert. Er stellt mir einige Fragen zur Funktionsweise von Radaranlagen, zu den Arten von Fehlechos und ist offensichtlich mit meinen Antworten sehr zufrieden.

Ich bin es auch! Somit hat sich der Aufwand auf jeden Fall gelohnt. Einige Tage später erhalte ich per Post mein Radarpatent.

Bei unserer Prüfung ist von den sechs Prüflingen ein erfahrener Binnenschiffer bei der praktischen Prüfung durchgefallen. Er hatte beim Abbiegen in die Ruhr die Strömung des Rheins unterschätzt. Die MS Ruhr wurde schneller als erwartet vom Strom gedreht und die Ruhrmündung verpasst. Der Prüfer war gezwungen einen Notstopp einzuleiten womit die Prüfungsfahrt als nicht bestanden gewertet wurde.

Ein Prüfungsteilnehmer musste sich zum zweiten Mal der Theorieprüfung unterunterziehen.

Trotz vorbildlicher Vorbereitung durch Atlas Schiffahrt gibt es keine Garantie für das Bestehen der Prüfung.

Gerne könnt Ihr mich zur Radarpatentausbildung wie auch Prüfung ansprechen. Am besten Ihr schickt mir eine E-Mail an wolf@segel-kompetenz.deoder ruft mich mobil unter 0176-47666540 an.

Für mich war die Radarpatentausbildung eine sinnvolle Investition für ein besseres Verständnis von Radaranlagen und dem Gewinn an Erfahrung einer Radarfahrt sowie dem besseren Einblick in die gewerbliche Binnenschifffahrt.

Die Schule Atlas Schiffahrt kann ich sehr empfehlen.

Unser Radar Training erhebt nicht den Anspruch einer Radarpatent Ausbildung deckt gleichwohl jedoch viele Facetten der praktischen Übungen ab und ist für Sportbootfahrer sinnvoll investierte Zeit. Auch als Vorbereitung auf die praktische Sportseeschifferscheinprüfung kann ich das Radar Training sehr empfehlen.

  • Veröffentlicht in: News

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